Erstmal vielen Dank für die Ehre hier sprechen zu dürfen.
Erstmal, nachdem ich selbst gerade erst hier willkommen geheißen wurde, ein herzliches Willkommen an alle Spekabilis Schütter, Herr Ministerialdirigent Hörlein, Herr Drexler.
Ich bin ein Praktiker. So hieß der Hausarzt lange Zeit der Praktiker und habe habilitiert,
bin habilitiert worden in Heidelberg. Also ich bin auch ein Theoretiker, also ein komisches Mischwesen.
Und viele fragen sich immer zu einem Hausarzt in Forschung, was forscht denn der,
was das Mikroskop guckt, denn der. Und was wir tatsächlich tun, ist das, was man Versorgungsforschung nimmt.
Ich möchte hier sprechen über den Arzt als Meister. Und genau das, zunächst noch mal hier zu der Einladung.
Da stand Grundlage universitärer Ausbildung, auch im Medizinstudium, die forschungsbasierte Lehre
als Grundlage der universitären Ausbildung. Ich habe ein Fragezeichen hingesetzt,
nicht weil ich das in Frage stellen möchte. Überhaupt nicht. Sondern ich denke, ja, jawohl, genau das brauchen wir.
Aber die Frage ist, brauchen wir vielleicht noch ein bisschen mehr und müssen wir nicht vielleicht trotzdem
auch etwas ändern. Das Wort Arzt heißt von seiner etymologischen Bedeutung her Meister.
Das steckt auch im Erzfischhof und Erzgauner. Der Erz, der Arzt, das ist der Erste, das ist der Meister,
der vorne dran steht. Und für diese Meisterschaft fragt sich, was brauchen wir dafür?
Wir haben, es war gerade schon von der Aufklärung die Rede, im 18. Jahrhundert beginnend,
Michel Foucault beschreibt es in seinem Buch Die Geburts der Klinik, sehr schön angefangen.
Die Oberfläche des Menschen, wie er uns vor uns steht, zu verlassen und sind in ihn eingedrungen,
um zu verstehen, wie seine Physiologie, wie seine Biochemie, wie seine Funktionen sind,
um dann zu verstehen, wie die Abweichungen von diesen Funktionen sind und Wege zu finden,
zu helfen, die Funktionen wiederherzustellen. Das ging immer tiefer hinein in den Menschen.
Rudolf von Virchow, der dann von der Zellularpathologie gesprochen hat und gesagt hat,
wenn der Mensch krank wird, dann entdeckt es an der Zelle, an der einzelnen Zelle,
dass dort etwas schiefgeht, bis hin in die Labormedizin, ein sehr lesenswertes Buch von Rütwig Fleck,
die Institution Entwicklung an der wissenschaftlichen Tatsache, in der er zeigt,
dass am Ende Laborergebnisse entscheidender sind für die Frage, ob ein Mensch krank ist oder nicht,
dass ein Mensch mit einer positiven Wassermannreaktion eine Syphilis haben kann, obwohl es ihm wunderbar geht.
Und wir haben heute die unglaublichsten Geräte entwickelt, um auch am Leben den Menschen,
ohne insizieren zu müssen, in immer größere Details zu gehen.
Ich habe hier eine Prothese, nur aufgezeichnet, ein relativ einfaches Mittel,
um Körperfunktionen zu ersetzen, zu ergänzen. Wir können die unglaublichsten Dinge,
wir können Bilder erzeugen vom Inneren des Menschen. Ich bin mir nicht klar,
ob dieses Bild eine Fotografie ist oder eine Computeranimation, aber das verwischt sich,
das vermischt sich ja auch, diese Dinge. Und wir sprechen heute von personalisierter Medizin,
wo gemeint ist, dass man irgendwann die Medizin, insbesondere die Medikamente, als erstes anpasst
an genetische Varianten des Individuums vor uns. Wir sprechen in der Hausarztmedizin,
häufig von der personenzentrierten Medizin, und meinen verrückterweise, obwohl das Wort so ähnlich ist,
das genaue Gegenteil. Und ich denke, das ist ein Aspekt, ohne diese ganzen fantastischen Dinge
irgendwie in Frage stellen zu wollen. Aber das ist ein Aspekt, der nicht nur im Studium,
sondern auch in der Medizin ein bisschen ins Hintertreffen geraten ist und den wir aufholen sollten.
Wir sind ganz nah am L'homme machine. Das war ein Buch von Julien-Aufred de la Métrie,
auch im 18. Jahrhundert, der diese These vehement vertreten hat, der Mensch ist nichts als eine Maschine.
Der Mensch funktioniert wie eine Maschine und er hat diese These so polemisch vertreten und hat gleichzeitig,
man sieht es ihm an, dass er in Schalke ist, er hat gleichzeitig unter einem Pseudonym seine eigene These
genauso vehement attackiert, sodass er dadurch eine Diskussion ausgelöst hat, die dazu führte,
dass er Frankreich verlassen musste. Also diese Diskussion ist weder neu noch je beendet oder beendbar.
Hier haben Sie sie in einer einzigen Person dargestellt.
Auf dem amerikanischen Dollarnote gibt es die Aufschrift In God We Trust.
Es gab neulich mal in einer amerikanischen Zeitschrift Health Affairs einen sehr schönen Artikel,
und der hieß In Technology We Trust. Vielleicht beschreibt es das auch wieder,
die Einseitigkeit unserer Herangehensweisen, auch in Wissen. Knowledge We Trust.
Presenters
Zugänglich über
Offener Zugang
Dauer
00:26:59 Min
Aufnahmedatum
2015-07-22
Hochgeladen am
2015-08-25 11:15:02
Sprache
de-DE